Bedenke, dass du ein Mensch bist
Die größte Herausforderung in der Flüchtlingshilfe besteht darin, den Flüchtling nicht auf seine Eigenschaft als „…ling“ zu reduzieren, sondern den in eine Fluchtsituation getriebenen Menschen zu sehen, dem auf Augenhöhe zu begegnen ist. Seine Würde darf nicht verlorengehen. Vielleicht können wir sagen, darüber hinaus schulden wir ihm nichts. Wenn wir jedoch einen Anspruch an die eigene Menschlichkeit erheben wollen, ist die Barmherzigkeit jene Form der Handlung, die die Menschlichkeit belastbar macht und unter Beweis stellt. Wir sollten bedenken, dass wir Menschen sind. Die bürgerschaftliche (ehrenamtliche und freiwillige) Begleitung von Flüchtlingen leistet diesen Beweis und ist eine unverzichtbare und große Chance für den Erhalt und die Weiterentwicklung einer sozial gerechten Gesellschaft in Deutschland und in Europa. Jedoch sind die Belastungen aus dieser Tätigkeit sehr hoch. Zu den Eigenschaften der Flüchtlingskrise zählt sowohl ihre überaus große Beanspruchung aller vorhandenen Ressourcen als auch die kreative Lösung von Problemen, die unter „normalen“ Bedingungen eher als abwegig, unausgereift oder unzumutbar eingeschätzt würden.
Auch freiwillige Flüchtlingshilfe braucht Supervision
Dazu zählt auch die Idee, die Supervision als eine Methode der professionellen Reflexion aus der Sozialen Arbeit, Beratung und Therapie für die Unterstützung der ehrenamtlichen Mitarbeit zur Verfügung zu stellen. Hauptberuflich Tätige in den vorgenannten Arbeitsfeldern nutzen ein reichhaltiges und professionelles Repertoire an Reflexion um ihre Arbeit und ihre Wirksamkeit zu verbessern und ein Burn-Out zu vermeiden. Ein guter Sozialarbeiter oder eine gute Sozialarbeiterin hat drei Jahre studiert und eventuell in den ersten Berufsjahren das Glück gehabt eine Praxisanleitung zu erfahren, die sie oder ihn davor bewahrt im Problemsee der Klienten unterzugehen. Nun gehen tausende hochmotivierte und couragierte Menschen und Bürger auf notleidende Flüchtlinge zu und lassen sich auf eine Beziehungsarbeit ein, um ihre Hilfe ankommen zu lassen. Was im Laufe dieser Hilfebeziehung an Erfolgen und Enttäuschungen entsteht ist schwer zu überblicken.
Wie sich das Ehrenamt angemessen „professionalisieren“ kann
Es ist nicht möglich, Ehrenamtliche und Freiwillige umfassend in der Sozialen Arbeit auszubilden. Es wäre auch gar nicht wünschenswert. Die Ehrenamtlichen würden ihre unbefangene Kreativität und ihren spontanen Zugang zu Problemsituationen verlieren. Sie würden allerdings möglicherweise die Fähigkeit erwerben sich selbst rechtzeitig zu schützen, sich abzugrenzen und sie würden die Entwicklung der von ihnen begleiteten Fälle besser zu verstehen. So könnten sie ihre Motivation möglichst lange erhalten. Nun sind schon viele Flüchtlinge da, aber der graue Alltag der Integration wird erst noch beginnen und wir werden sehen, wie viele Ehrenamtliche das in der Länge der Zeit (unbeschadet) aushalten werden. Der hier zum Download zur Verfügung stehende Artikel schneidet verschiedene Themen an, die im Kontext der Arbeit mit geflohenen Menschen eine Relevanz haben. Dabei bezieht er sich auf grundlegende Aspekte der Motivation, der Selbstverwirklichung und der Kommunikation in helfenden Beziehungen. Diese Themen können aufgezeigt, aber in diesem Artikel nicht ausdiskutiert werden. Der Artikel gibt einen Hinweis darauf, wie man sich diese Themen erfragend, für die eigene Orientierung und Festigung, aneignen kann. Man kann mit diesen Fragen selbstreflektierend arbeiten, sich inspirieren lassen oder sie mitnehmen in eine Teambesprechung, in ein Gespräch mit ehrenamtlichen Kolleginnen und Kollegen.